Anika und ich haben spontan im Dezember beschlossen, das wir das neue Jahr mit einer Reise nach Irland starten wollen. Für mich war eine Auszeit bitter nötig, denn der Grund für die Stille auf unserer WG Homepage liegt unter anderem darin, dass ich im Jahr 2017 wirklich viel gearbeitet habe (ich gelobe Besserung was die Arbeit angeht :D). Anika wollte gerne Irland sehen, da sie bereits England, Schottland und Wales bereist hatte. Das war mein Glück, denn Anika ist ein Ass in der Reiseplanung und zauberte uns beiden einen wunderbaren Schlachtplan für eine Woche mit dem Rucksack durch Südirland.
Die ersten beiden Tage der Reise haben wir in Dublin verbracht und im Abbey Court Hostel in einem 20er Schlafsaal übernachtet. Dublin ist eine sehr atmosphärische Stadt. Statt des Großstadtflaires versprüht Irlands Hauptstadt Extravaganz vom feinsten. Deutsche Städte haben meist einen mittelalterlich gotischen Einfluss erfahren und davon war in Irland (abgesehen von den Kirchen und Kathedralen) nicht viel zu merken. Sehr erfrischen, denn was einem in Dublin am meisten in das Auge sticht sind die bunten Hausfassaden und die Blumen auf den Fenstersimsen. Die bunten Glasfenster, die Guinesswerbung an den Pubs, die Flaggen über den Straßen und die verschnörkelten Laternen an den Straßenecken. Oscar Wilde ist allgegenwärtig. Seine Zitate findet man an vielen Hausfassaden und es wirkt fast als wäre sein Charme, sein Humor, seine Lebendigkeit, Lebensfreude und außergewöhnliche Pathetik wie warmes Blut in das Herz der Stadt geflossen.
Meine drei Lieblingszitate von Oscar Wilde:
1. “You can never be overdressed or overeducated.”
2. “I choose my friends for their good looks, my acquaintances for their good characters, and my enemies for their good intellects.”
3. “It is absurd to divide people into good and bad. People are either charming or tedious.”
Normalerweise würde ich versuchen Oscar Wilde zu umgehen, denn er ist ein wandelndes Klischee und kann in wirklich jeder Lebenssituation zitiert werden (was auch jeder Depp in jeder Lebenssituation macht…), aber Dublin und Oscar Wilde sind für mich so eng vernetzt, dass ich ihn nicht so einfach auslassen konnte. Eine Stadt voller Poeten, Straßenmusikanten und das Abbey Court Hostel ist voller schöner Grafitti und Malereien an den Wänden.
Das Hostel hat uns gut gefallen. Zwar wurde der Hängemattenraum gerade renoviert, aber das Frühstück war inbegriffen und sehr lecker und es gab immer ausreichend Gurkenwasser (und was braucht man mehr im Leben ;D).
In den kurzen zwei Tagen in Dublin haben Anika und ich das Leprachaunmuseum besucht, die Marsh Library, den Campus des Trinity College, das Viertel um die Temple Bar inklusive Pubbesuch zum Mittagessen, die St. Patrics Cathedral und wir sind natürlich sehr viel durch die Innenstadt gelaufen. Einen Nachmittag habe ich im Zoo verbracht, während Anika im EPIC dem Museum für irische Immigration war. Das Leprachaunmuseum ist für alle jung gebliebennen Seelen da draußen eine gute Empfehlung, denn es gibt eine Führung mit einer Geschichtenerzählerin und das Museum ist sehr auf sensomotorischen Reizen und schönen Geschichten basierend aufgebaut. Die Besucher bekommen die Möglichkeit durch einen Regenbogen zu laufen und einen Kessel voller Gold zu finden, durch ein Feuer zu springen, sich so klein wie ein Leprachaun zu fühlen und einen Wunsch in den Wunschbrunnen (mit Echo!) zu rufen. Für Kinder ist das Museum eher weniger geeignet, denn es ist eher zuhören, als herumtoben angesagt.
Ich hatte bei keiner unserer Dublin Aktivitäten das Gefühl, dass diese „Sehenswürdigkeit“ oder Aktion überbewertet und die Realität eher enttäuschend ist. Wir haben bewusst das Book of Kells ausgelassen und das war eine weise Entscheidung, denn die Marsh Library hatte gerade eine Ausstellung über alle Bücher, die bei ihnen bisher geklaut wurden. Viel interessanter als ein Buch über das Mittelalter bei dem man sich vor Touristen nicht retten kann.
Am dritten Tag der Reise sind wir mit dem Zug nach Galway gefahren und haben dort im Galway City Hostel eingecheckt. Ich hätte an einem fremden Ort viele Kilometer fern der Heimat nicht mehr zuhause sein können. Das Hostel ist sehr sauber, tolle Duschen und vor allem einen großartigen Gemeinschaftsraum. Dort kann man auf den Fensterbänken sitzen und mit einer Decke über den Beinen, Kissen im Rücken und einer warmen Tasse Kakao (inbegriffen) auf den Eyre Square schauen oder einfach nur lesen. Das Personal war wirklich nett und nicht nur höflich – ich kann das meist gut beurteilen, weil meine erste Frage an einem fremden Ort meistens lautet: „Gibt es hier irgendwelche Tiere? Laufen hier Füchse herum?“
In Galway hatte ich bereits im Vorfeld mich informiert und wusste, dass in dem Fluss der durch die Stadt fließt Otter leben. Ohne die Hilfe von Einheimischen ist man jedoch meist nicht in der Lage die Tiere auch wirklich zu sehen. Als ich den Mann an der Rezeption darauf angesprochen habe ich keinen dummen Blick bekommen (das passiert mir sonst leider häufig), sondern ein langes Gespräch über Otter. Klasse! Otter habe ich nicht gesehen, aber ich hatte viel Spaß daran nach ihnen ausschau zu halten.
Galway fand ich leider ziemlich langweilig…Ich habe bemekt, dass ich kein Stadt Mensch bin und ich unglücklich werde, wenn ich lange Zeit an Häuserfronten entlanglaufe.
Es gab allerdings wieder eine sehr schöne Innenstadt (für alle Menschen die gerne shoppen und flanieren gehen). Und am Abend hatten Anika und ich mehrere Reisende in unserem Hostel kennengelernt und wurden in den Pub mitgequatscht. Den Erlebnissen von anderen Menschen zu lauschen, die alle aus anderenRegionen der Erde stammen und dabei zu merken, dass wir uns alle sehr ähneln ist ein gutes Erlebnis. Wenn das bei einem großen Guiness und irischer Live Musik passiert und am Ende alle die traditionellen Lieder mitsingen ist der Abend wirklich gelungen.